Ernst Ludwig Kirchner

Kurzbiografie

Ernst Ludwig Kirchner wurde am 6. Mai 1880 in Aschaffenburg geboren. Sein Architekturstudium an der Technischen Hochschule Dresden beendete er erfolgreich in 1905. Am 7. Juni 1905 schloss Kirchner sich mit Erich Heckel, Fritz Bleyl und Karl Schmidt-Rottluff – alle ohne klassische Malausbildung – zur Dresdner Künstlergemeinschaft Brücke zusammen. Ab 1906 entwickelte Kirchner sich von einem impressionistisch beeinflussten Maler zum Expressionisten. Zu seinen bevorzugten Themen gehörten neben Aktmalerei und Porträts auch Landschaften, Stadtansichten und die Welt des Varietés.

Von Dresden nach Berlin...


Ernst Ludwig Kirchner auf Fehmarn. Steffen Krautzig

Kirchner lebte bis 1911 in Dresden und zog dann nach Berlin, weil er sich dort größeren Erfolg für seine Kunst erhoffte. Der Erfolg ließ jedoch zunächst auf sich warten - was sich allerdings veränderte, waren seine Bilder: Die runden Formen wurden eckiger, die Striche nervöser, die Farben verblassten.

Großstadtleben eben!

Die hier entstehenden Straßenszenen sind heute die gefragtesten Bilder des Künstlers.

 

1911 nahm er mit weiteren Brücke-Künstlern an einer Ausstellung der Neuen Secession, geleitet von Max Pechstein, in Berlin teil.

Mit Max Pechstein gründete Kirchner im Dezember 1911 eine Malschule namens MUIM-Institut („Moderner Unterricht in Malerei“). Erfolglos.

1912 lernte er seine langjährige Lebensgefährtin Erna Schilling (1884–1945) kennen.

1913 nahm Kirchner an der Ausstellung des Sonderbunds in Köln teil. Anschließend verfasste er eine Chronik über die „Brücke“, deren Inhalt zu Unstimmigkeiten in der Gruppe und letztlich zu seinem Austritt führte. Die Gruppe löste sich auf.


Kirchner auf Fehmarn...


'Ins Meer Schreitende'. Öl auf Leinwand 1912

Von 1908 bis 1914 verbrachte Kirchner vier Sommer auf der Ostseeinsel Fehmarn. Die Aufenthalte auf Fehmarn stellen eine wichtige biografische Phase im Leben Ernst Ludwig Kirchners dar:

Faszination von der unberührten Natur und dem einfachen und sinnlichen Leben

Die Lebensreformbewegung und die Freikörperkultur beinflussten Kirchner - wie viele andere Künstler seiner Zeit.

Nacktheit in der freien Natur als neue sinnliche Erfahrung und Befreiung von überkommenen Moralvorstellungen:

So wurde Fehmarn zu Kirchners Paradies.

Auf Fehmarn entstanden mehr als 120 Ölbilder, hunderte von Zeichnungen, Aquarelle und Skizzen sowie zahlreiche Skulpturen. Als Motive wählte Kirchner Strand und Meer, Akte in freier Natur, die Insel und ihre Menschen. Diese eigenständige Werkgruppe steht den Bildlmotiven der Großstadt aus derselben Zeit gegenüber. Die Fehmarner Schaffensperiode vom einfachen Leben in der Natur setzt sich in den Bilder der Davoser Zeit fort.

Farblich dominieren, so Kirchner selbst in einem Brief, die Farben Ocker, Blau und Grün.

 


'Leuchtturm Staberhuk, Fehmarn'. Öl auf Leinwand 1912

'Oh, Staberhuk, wie bist du herrlich, ein Glück im Winkel friedlich schön!'

Diesen Vers soll Kirchner mit ausgebreiteten Armen am Strand ausgerufen haben, berichtet der Sohn der dreimaligen Gastgeber der Kirchners auf Fehmarn.

1908 war Kirchner mit den Geschwistern Emmi und Hans Frisch auf Fehmarn. 1912 bis 1914 reiste er mit Erna Schilling auf die Insel, gemeinsam lebten sie beim Wärter des Leuchtturms Staberhuck. 1912/1913 bekamen Kirchner und seine Partnerin häufig Besuch, unter anderem von Erich Heckel und Otto Mueller.

Kirchners letzter Aufenthalt auf der Insel wurde am 1. August 1914 durch die Nachricht über den Kriegsausbruch beendet. Die Kirchners mussten ihr sommerliches Glück überstürzt verlassen und nach Berlin zurückkehren.

Auf der Rückreise wurden sie zweimal wegen Spionageverdachts verhaftet. Obwohl das Missverständnis bald aufgeklärt wurde, war es für Kirchner doch eine erste traumatisierende Erfahrung.

Die Sommermonate auf Fehmarn erlebte Kirchner als eine Zeit des Glücks und der Harmonie von Mensch und Natur.

Weder physisch noch psychisch konnte er sich diese Momente je zurückholen.

 

Erster Weltkrieg

Zu Beginn des Ersten Weltkrieges meldete sich Kirchner als Freiwilliger zum Fahrdienst, um dem Dienst bei der Infanterie zu entgehen. Im Frühjahr 1915 kam er als Rekrut nach Halle an der Saale, ertrug den Drill jedoch nur wenige Monate. Nach einem Nervenzusammenbruch wurde er Anfang November beurlaubt. Kirchner wurde medikamentenabhängig  (anfangs Veronal, später Morphin).

Ein Selbstbildnis aus dieser Zeit zeigt ihn als Soldat in Uniform des 75er Regiments - mit roten Schulterklappen, rauchend und mit abgehackter rechter Hand, im Hintergrund ein Akt seiner Lebensgefährtin Erna Schindler. An der Wand stehen unvollendete Werke, die er nicht mehr wird malen können. Die kontrastreiche Gestaltung hebt die Schrecken des Krieges hervor, den Kirchner als kapitalistisch ablehnt. Sie zeigt aber auch, wie stark er psychisch involviert ist, auch wenn er selbst nicht als Soldat beteiligt ist. 

Sein Selbstbildnis als Trinker  - entstanden vor der Militärzeit - zeigt, dass Kirchner sich seines Problems des Alkohol- und Medikamentenmissbrauchs durchaus bewusst war.

Kirchner hielt sich von Dezember 1915 bis Januar 1916, von Mitte März bis Mitte April 1916 und dann noch einmal von Anfang Juli bis Mitte Juli 1916 im Sanatorium in Königstein auf. Finanziert wurden die ersten Sanatoriumsaufenthalte des mittellosen Künstlers von wenigen Museumsleuten und Kunstsammlern, die auf sein Werk aufmerksam geworden waren.

Obwohl er gesundheitlich sehr angeschlagen war, hatte er eine künstlerisch sehr kreative Zeit. So schuf er im Brunnenturm des Sanatoriums innerhalb von sechs Wochen auf einer Fläche von 32 m² eine fünfteilige Wandmalerei -

die möglicherweise bedeutendste Wandmalerei des deutschen Expressionismus.

Die 'paradiesischen' Szenen knüpften motivisch an seine Zeit auf Fehmarn an:

Ein sehnsüchtiger Gegenentwurf zur aktuellen Kriegssituation

Im Dezember 1916 bat Kirchner um Aufnahme in einer Heilanstalt in Berlin.

 

Kirchner in Davos...

Durch Vermittlung des befreundeten Philosophen Eberhard Grisebach brach Kirchner am 15. Januar 1917 nach Davos auf. Man versprach sich eine Besserung seines gesundheiltichen Zustandes durch die Natur und die Bergluft, aber auch eine psychische Entlastung durch den Wegzug aus dem Kriegsgebiet Deutschland in die neutrale Schweiz.

Kirchner war zunächst künstlerisch produktiv, hatte aber weiterhin große Angst davor, in den Krieg geschickt zu werden. Ab Mitte September 1917 verbrachte er weitere 10 Monate in einem Sanatorium. Kirchner erholte sich in dieser Umgebung zunächst soweit, dass er schon nach drei Wochen wieder malen konnte. Das anregende geistig-kulturelle Leben im Sanatorium erwies sich als sehr fruchtbares Ambiente für seine Arbeit, sichtbar in seinen Werken aus den Jahren 1917/18. Die Behandlung verlief insgesamt günstig, und Kirchner kehrte zum Kriegsende mit neuem Lebensmut nach Davos zurück.

1921 war er weitestgehend von Medikamenten entwöhnt. Diese Entwöhnung leitete eine gesundheitlich relativ stabile Phase im Leben Kirchners ein.

 

Anerkennung

Selbstbildnis Ernst Ludwig Kirchner

Kirchner fühlte sich in der Kunstkritik nicht angemessen gewürdigt - deshalb schrieb er unter dem Pseudonym Louis de Marsalle Aufsätze über seine eigene Kunst und sorgte so für ihre Würdigung. Tatsächlich war seine Kunst in Kennerkreisen ab ca. 1920 durchaus anerkannt.

Nicht nur deshalb galt Kirchner als schwierig.

Sein fast schon pathologisches Misstrauen trieb ihn zu Knebelverträgen mit Geschäftspartnern, während er sich selbst alle Freiheiten vorbehielt.

Sein Verhalten konnte ebenso charmant und gewinnend wie beleidigend und verletzend sein.

Er wollte weder mit der 'Brücke' in Verbindung gebracht noch als Expressionist bezeichnet werden. Auch vertrug er es überhaupt nicht, wenn seine Kunst auf mögliche Vorbilder zurückgeführt wurde.

 

Ab 1925 wurde Kirchners Malstil zunehmend flächiger, zum Ende der zwanziger Jahre hin entwickelte er einen sehr persönlichen, immer gegenständlichen, aber stark abstrahierenden Stil. Dieser abstrahierende Stil verlor sich in den Bildkompositionen seiner letzten Jahre - diese waren stark von Licht- und Schattenproblemen geprägt und eher gegenständlich.

 

Nationalsozialismus

Im Juli 1937 wurde Kirchner endgültig von der Preußischen Akademie der Künste ausgeschlossen. 639 seiner Werke wurden im selben Monat in Deutschland aus den Museen entfernt und beschlagnahmt. 32 seiner Bilder wurden im Rahmen der diffamierenden Ausstellung

Entartete Kunst

gezeigt, darunter das Selbstbildnis als Soldat.

Kirchner nahm sich in Davos am 15. Juni 1938 mit einem Herzschuss das Leben.

Die tiefe Enttäuschung über die Diffamierung seiner Werke in Deutschland wird als Motiv für die Selbsttötung gedeutet.

Wie inzwischen aus Kirchners Schriftwechsel mit seinem Arzt Frédéric Bauer bekannt wurde, war er seit seit 1932 wieder morphiumsüchtig. Seine Selbsttötung könnte auch damit in Zusammenhang stehen, dass er im Jahr 1938 versucht hat, seine Sucht zu besiegen, indem er seine Morphiumdosis drastisch reduzierte.


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E.L. Kirchner Verein Fehmarn e.V.

Auf den Spuren von Ernst Ludwig Kirchner

Der Ernst Ludwig Kirchner Verein Fehmarn e.V. widmet sich der Dokumentation der Schaffensperiode E.L. Kirchners auf Fehmarn. Der Künstler verbrachte ganze vier Sommer auf der Ostseeinsel. Fehmarn war für den Maler ein Inspirationsquelle, ein Zehntel seiner Werke entstanden auf der Insel. Die Werke kann man in Ausstellungen rund um den Globus bewundern.

Der Verein wandelt durch Ausstellungen, Expeditionen und Führungen auf Kirchners Spuren. Auf Wander- und Radwegen sind Informationstafeln über den Künstler angebracht. Viele Motive sind so direkt vom jeweiligen Standort Kirchners zu erkennen.

In der Kirchner Dokumentation in Burg in der Bahnhofstr. 47 sind viele Reproduktionen und Fotografien ausgestellt.

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